Samstag, 20. Juni 2015

Makramee - Knüpftechnik aus dem Orient total im Trend

Mit Makramee erlebt ein alter Klassiker der Knüpftechnik einen neuen Höhenflug und gewinnt rasant an Beliebtheit unter Handarbeitsfans und Hobbykünstlern.


Bei diesem Begriff fühlen Sie sich jetzt vielleicht erst einmal an bunte Freundschaftsarmbänder, Wolfgang “Wolle” Petry, Blumenampeln aus den Achzigern oder geknüpfte Wandbilder aus dicker Sisalschnur erinnert, oder?


Mit diesem Beitrag möchten wir Ihnen zeigen, dass man mit dieser orientalischen Knüpftechnik weit mehr machen kann und dass sich zahlreiche, unglaublich kreative Konzepte, Techniken, Ideen und Projekte in diesem Bereich der Handarbeit entwickelt haben. Dank des Internets verteilen sich diese auch rasend schnell über den Erdball und lassen verschiedenste kulturelle Einflüsse zu.


Neben klassischen Wandbildern und Armbändern findet man vor allem auch Anhänger aller Art, Gürtel, Uhrarmbänder, Halsketten, Windspiele, Möbelstücke, Kleidung sowie Deko in all seinen Ausprägungen. Der Fantasie in der Anwendung von Makramee sind fast keine Grenzen gesetzt. Dies zeigt sich immer wieder aufs Neue in der Kreativität und Vielfalt der Anwendung dieser Knüpftechnik.


Hintergründe und Herkunft


Der Begriff stammt aus dem Spanischen (Macramé) und bezeichnet eine aus dem Orient kommende Knüpftechnik zur Herstellung von Ornamenten, Mustern oder Textilien. Das spanische Wort “macramé” stammt wiederum vom arabischen “migramah” und bedeutet im arabischen Sprachgebrauch soviel wie “weben”.


Mit den Kreuzrittern und den Mauren (über Spanien) gelangte diese Technik letztendlich nach Europa. Hier erlebte sie seitdem mehrere Blütezeiten, in denen zum Teil sehr feine geknotete Arbeiten entstanden. Die letzte Blütezeit in Deutschland, die Ihnen vielleicht auch noch sehr gut in Erinnerung geblieben sein mag, lag in den 1970er Jahren. Die Arbeiten aus diesem Jahrzehnt waren oft sehr rustikal.


Seit einigen Monaten ist diese wunderbare Form der Handarbeit wieder stark im Aufwind und erfreut sich erneut großer Beliebtheit.


Zu den am meisten verbreiteten Formen zählen:


  • Chinesisches Macramé, das Glück zu Neujahr bringen soll

  • Macramé-Eulen, eine traditionelle Form des Macramé

  • Tischdecken, Gürtel, Wandbehänge

  • Lateinamerikanisches Macramé, vor allem Schmuck (Armbänder, Ketten usw.)

  • Uniformschmuckteile, Rangabzeichen

Die Technik


Tragfaden und Arbeitsfaden


Im Prinzip unterscheidet man bei dieser Knüpftechnik zwischen zwei Fäden. Die Fäden, die Knoten tragen, heißen Trägerfäden. Die Fäden, die Knoten bilden, heißen Arbeitsfäden. Eine Grundregel lautet: Trägerfäden machen nie Schlaufen. Deutlich zu sehen ist der Unterschied bei einer Blumenampel, bei der die Blumenschalen durch die Tragfäden gehalten und durch die Arbeitsfäden verziert werden. Sie können dies exemplarisch im nachfolgenden Video aus einem SWR-TV-Beitrag mit der Bloggerin Souhela Ouarab sehen.



-> Zum kompletten TV-Beitrag: ARD Kreativ – Makramee Blumenampel mit Holzkugeln

-> Offizielle Website der DIY Bloggerin Souhela Ouarab: SOUSOU DIYSIGN


Die Knoten


Im Wesentlichen gibt es im Makramee nur zwei Grundknoten. Zum einen ist das der Halbe Knoten



Halber Knoten

Halber Knoten (links gelegt)
Quelle: Here4u auf German Wikipedia [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons


Halber Knoten (rechts gelegt)

Halber Knoten (rechts gelegt)
von FilmRob [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons



und zum anderen der Halbe Schlag


Halber Schlag links

Halber Schlag links
von Jomegat [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons


Halber Schlag, rechts gelegt

Halber Schlag, rechts gelegt
von Jomegat [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons



Aufbauend auf diesen beiden Grundknoten werden dann kompliziertere Knoten geknüpft. So zum Beispiel der Kreuzknoten (auch Weber-, Flach- oder Salomonsknoten), der Wellenknoten (auch Altweiberknoten) oder der Rippenknoten:

Links gelegter Kreuzknoten

Links gelegter Kreuzknoten


Altweiberknoten (links über rechts begonnen)

Altweiberknoten (links über rechts begonnen)



Rippenknoten (Vorwärtsknoten)

Rippenknoten (Vorwärtsknoten)
von Jomegat [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons


Rippenknoten (Rückwärtsknoten)

Rippenknoten (Rückwärtsknoten)
von Jomegat [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons



Das nachfolgende Video fasst die grundlegenden Knoten noch einmal in anschaulicher Weise für Sie zusammen:



Makramee Stile


In der folgenden Infografik können Sie ein paar beliebte und häufig genutzte Stile und Techniken sehen.


Infografik: Makramee Stile

Video Anleitungen und Tutorials


Ganz egal, ob Sie nun zum ersten Mal von dieser Knüpftechnik lesen und einfach mal neugierig geworden sind, oder ob Sie schon ein alter Hase auf diesem Feld sind, die nachfolgenden Videos werden mit Sicherheit die eine oder andere spannende Anregung für Sie bereit halten, die sich noch nicht kennen gelernt haben.


Hobbykünstlerinnen zeigen darin die wichtigsten Kniffe und demonstrieren ihre Lieblingstechniken und -arbeiten.









Noch mehr Arbeiten, Anleitungen und Inspirationen…


Sie haben noch nicht genug? Dann geht es hier weiter mit einer wahren Fülle an wunderbaren und kreativen Anwendungsbeispielen zum anschauen, bewundern und nachknüpfen…




Makramee - Knüpftechnik aus dem Orient total im Trend

Mittwoch, 27. Mai 2015

9 der besten Websites für künstlerische Aus- und Weiterbildung

Es gibt mittlerweile zahlreiche Anlaufstellen im Netz, um seine kreativen und künstlerischen Fertigkeiten auszubilden oder zu verfeinern. Viele Online Kurse verlangen jedoch einen ordentlichen Beitrag oder teils hohe Gebühren. Wenn man sich eine Weile Zeit nimmt, um die Weiten des Internets nach kostenfreien Kursen, Tutorials und Online Plattformen zu durchforsten, wird man letzten Endes doch fündig.


Um Ihnen diesen Zeitaufwand und ein gewisses Maß an Frustration zu ersparen, haben wir unsere besten Fundstücke für Sie hier aufgelistet. Leider sind für einige dieser Plattformen solide Englischkenntnisse notwendig, um das volle Potential herauszuholen.


Sollten Sie auf deutsche Seiten mit ähnlich guten Funktionen und Inhalten stoßen, freuen wir uns sehr, wenn Sie diese mit uns in den Kommentaren zu diesem Beitrag teilen.


Los gehts…


Unsere Top 9


1. drawspace


drawspace - Online Zeichnen lernen

drawspace – Online Zeichnen lernen


drawspace ist eine große Lernplattform mit zahlreichen kostenlosen Online Kursen rund um die Kunst des Zeichnens. Sie wird mittlerweile von Millionen Hobbyzeichnern, Zeichenschülern und auch professionellen Künstlern weltweit besucht und genutzt. Die Kurse werden teilweise auch von sehr renommierten und etablierten Künstlern gehalten. derzeit sind mehr als 380 verschiedene Lektionen verfügbar und auch für Lehrer bietet sich eine spannende Möglichkeit der Integration von realem Unterricht und eLearning.


2. Ctrl+Paint


Ctrl+Paint - Digital Painting Lernplattform

Ctrl+Paint – Digital Painting Lernplattform


Ctrl+Paint ist eine kostenlose Lernplattform, die auf das Erlernen der Grundkenntnisse der digitalen Malerei spezialisiert ist. Jedes der detaillierten Lernvideos konzentriert sich auf ein anderes Konzept und erlaubt es seinen Zuschauern, komplexe Vorgänge und Prozesse der digitalen Malerei in übersichtliche Happen aufzuspalten. So fällt das Lernen um ein Vielfaches leichter.


3. Exposure Guide


Exposure Guide - Fotografie Tipps und Tutorials

Exposure Guide – Fotografie Tipps und Tutorials


Auf der Website Exposure Guide können Sie durch eine umfangreiche Sammlung an Neuigkeiten, Trends, Tipps, Tutorials und Anleitungen zum Thema Fotografie stöbern. Erlernen Sie die Grundlagen und zentralen Fertigkeiten der digitalen Fotografie und navigieren Sie gekonnt durch den Funktions- und Technikdschungel professioneller Kameras und Objektive.


Weiterhin können Sie stylische Effekte und professionelle Aufnahmetechniken erlernen sowie einen Einblick in die digitale Bild(nach)bearbeitung erlangen.


4. Cambridge in Colour


Cambridge in Colour - Fotografie Community

Cambridge in Colour – Fotografie Community


Cambridge in Colour ist eine englischsprachige Lern-Community für Fotografen mit zahlreichen Inspirationsquellen, nützlichen Tools (Timing, Auflösungs-Rechner, Makro- und Close-Up Fotografie), ausführlichen Tutorials (Grundlagen und Begriffserläuterungen, Ausrüstung und Accessoires, Bild- und Nachbearbeitung, Farbverwaltung und Druck, Aufnahmetechniken und -stile) und einem belebten Forum.


5. Khan Academy


Khan Academy

Khan Academy – Kunstgeschichte als Online Kurs


Die Khan Academy bietet kostenlose Online Kurse und Weiterbildungsmöglichkeiten in verschiedenen Bildungsdisziplinen – darunter Kunstgeschichte von den Anfängen der Höhlenmalerei bis hin zu zeitgenössischer und moderner Kunst unserer Jahrzehnte.


6. Google Art Project


Google Art Project - Umfassende virtuelle Kunstsammlung

Google Art Project – Umfassende virtuelle Kunstsammlung


Das Google Art Project besteht aus umfassenden Sammlungen und Kollektionen berühmter Kunstwerke in einer riesigen Online Bibliothek. Es kann nach Sammlungen, Künstler, Kunstwerken gefiltert werden. Das Anlegen eigener, individueller Benutzergalerien ist ebenfalls möglich. Dieses Projekt zeichnet sich insbesondere durch seine hochauflösenden Bilder und Fotos der Kunstwerke aus, die stufenlos gezoomt werden können. Somit bleibt kein Detail verborgen.


7. The Bastards Book of Photography


The Bastards Book of Photography

The Bastards Book of Photography – Optimaler Umgang mit Licht


The Bastards Book of Photography ist eine Website, die sich voll und ganz dem optimalen Umgang mit Licht(quellen) bei der Fotografie widmet. Sie ist kostenlos zugänglich und bietet eine große Anzahl an Ratgebern und Inspirationen für atemberaubende Lichteffekte.


8. ArtGraphica


ArtGraphica - Zeichnen und Malen lernen

ArtGraphica – Zeichnen und Malen lernen


ArtGraphica stellt eine ganze Reihe an kostenlosem Lernmaterial für Zeichner und Maler zusammen. Lernen Sie auf leichte und anschauliche Weise in über 100 Lektionen, wie Sie Ihre künstlerischen und kreativen Fertigkeiten Schritt für Schritt schulen und verbessern.


Es werden verschiedene Techniken und Materialien behandelt – darunter sowohl Graphit, Kohle, Aquarellfarben, Ölfarben, als auch Acryl und Tusche. Sie werden lernen, Portraits, Menschen, Landschaften und Objekte darzustellen sowie surreale und Ihrer Fantasie entstammende Szenerien zu erschaffen. Es gibt Lektionen für Anfänger als auch für Fortgeschrittene.


9. Enliighten


Enliighten - Lernplattform für digitale Malerei

Enliighten – Lernplattform für digitale Malerei


Enliighten ist eine Lernplattform für die digitale Malerei unter Nutzung der Software Adobe Photoshop. Dort bietet der Betreiber und leidenschaftliche Digital Painter mit dem Pseudonym Darkeen zahlreiche Tutorials, Tipps und Anregungen für die digitale Malerei.



9 der besten Websites für künstlerische Aus- und Weiterbildung

Freitag, 15. Mai 2015

Streng limitierte Bilder, Druckgrafiken und Skulpturen von Günter Grass

Am 13. April starb mit Günter Grass einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller, Grafiker, Maler und Bildhauer. Passend zu seinem Zitat


“Als bildender Künstler bin ich gelernter, als Schreiber ungelernter Künstler.”- Günter Grass

finden Besucherinnen und Besucher der Online Galerie von Kunstplaza eine Auswahl seiner besten und beliebtesten Bilder, Druckgrafiken und Skulpturen.


Wer war die Person Günter Grass?


Günter Wilhelm Grass wurde am 16. Oktober 1927 in Danzig-Langfuhr als Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren und verstarb am 13. April 2015 in Lübeck. Er war einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit.


Günter Grass auf Buchmesse, Frankfurt am Main (2004)

Günter Grass auf Buchmesse, Frankfurt am Main (2004)
von Florian K [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons


Weniger bekannt dürfte vielen Menschen die Tatsache sein, dass der studierte Bildhauer auch mit Leidenschaft Bildhauer, Maler und Grafiker war und zudem eine ganze Reihe an Kunstwerken hinterlassen hat.


Grass war seit 1957 Mitglied der Gruppe 47 und wurde mit seinem Debütroman Die Blechtrommel 1959 zu einem international hochgeachteten Autor der deutschen Nachkriegsliteratur.


Grass’ Werk und Rolle als Autor und politischer Intellektueller war und ist Gegenstand umfangreicher Forschung sowie des Medieninteresses im In- und Ausland. Er hat sich von 1961 bis 2005 als Unterstützer von SPD-Politikern wie Willy Brandt, Gerhard Schröder und Heide Simonis öffentlich engagiert. Grass’ zentrale Motivation war der Verlust seiner Heimat Danzig und die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, die sich vielfach in seinem Werk widerspiegelt.


Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und teilweise verfilmt. Im Jahr 1999 erhielt er den Nobelpreis für Literatur, er wurde mit einer Vielzahl weiterer Auszeichnungen geehrt.


Bis zur letzten Minute seines Lebens hat Günter Grass geschrieben, gezeichnet und Bücher gestaltet. Das Werkverzeichnis seiner grafischen Arbeiten “In Kupfer, auf Stein”, 1992 erschien als erster literarischer Titel im Steidl Verlag.


Politisches Engagement


Zeit seines Lebens schaltete sich Günter Grass in gesellschaftspolitische Debatten ein. So unterstützte er beispielsweise Willy Brandts Aussöhnungspolitik mit Polen und machte aktiv Wahlkampf für die SPD. Grass löste heftige Kontroversen aus, zuletzt 2012 wegen eines Israel-kritischen Gedichts.


Sein autobiografischer Band “Beim Häuten der Zwiebel” sorgte ab 2006 für Diskussionen. Überraschend machte Grass darin öffentlich, dass er als 17-Jähriger am Ende des Zweiten Weltkriegs Mitglied der Waffen-SS war. Dem Autor wurde anschließend vorgeworfen, seine SS-Zugehörigkeit zu lange verschwiegen zu haben, während er andere immer wieder wegen ihrer NS-Vergangenheit öffentlich kritisiert habe.


Quellen:


http://www.ard.de/home/kultur/Spezial_zum_Tod_von_Guenter_Grass/1781682/index.html

https://steidl.de/

http://de.wikipedia.org/


Dokus, Reportagen und Videobeiträge


Günter Grass zum 85. doku deutsch – Dichter und Provokateur – Reportage



RIP Günter Grass – Der Unbequeme (Portrait)



Günter Grass Interview zu seinem Israel Gedicht “Was gesagt werden muss” (ZDF, 05.04.2012)



Weiterführende Informationen und Berichte


Aktuelle Nachrichten, Informationen und Fotos zur Person Günter Grass finden Sie über folgende Links:


Streng limitierte Bilder, Druckgrafiken und Skulpturen von Günter Grass


Druckgrafik von Günter Grass

Druckgrafik von Günter Grass


Sie gelangen zu diesen streng limitierten Werken direkt über den nachfolgenden Textlink:


Günter Grass in der Online Galerie von Kunstplaza


Geben Sie einfach den Suchbegriff “Günter Grass” in das Suchfeld ein und klicken Sie auf “Suche starten”.



Streng limitierte Bilder, Druckgrafiken und Skulpturen von Günter Grass

Samstag, 2. Mai 2015

Muttertag bei ars mundi - Kunstvolle Geschenkideen

Wie an jedem zweiten Sonntag im Mai ist auch in diesem Jahr wieder Muttertag – genauer gesagt am 10. Mai!


ars mundi Geschenke

ars mundi Geschenke


Der Muttertag ist ein Feiertag zu Ehren der Mutter und der Mutterschaft und von besonderer Bedeutung. Die aufopferungsvolle Art und Weise, wie Mütter für ihre Kinder sorgen, diese beschützen, erziehen, fördern und liebevoll unterstützen, sucht ihresgleichen.


Der Muttertag ist eine wunderbare Gelegenheit, unsere Dankbarkeit und Wertschätzung als Kinder dafür zum Ausdruck zu bringen.


Sollten Sie dieses Jahr auf der Suche nach einem ganz besonderen Muttertagsgeschenk sein, dann können Sie einzigartige Geschenkideen mit Herz bei ars mundi finden – angefangen bei Gemälden von Armin Mueller-Stahl und Chagall, über Werke von Janosch, James-Rizzi und Romero Britto, Skulpturen von Luise Kött-Gärtner und Kerstin Stark bis hin zu Schmuck von Petra Waszak.


Folgen Sie einfach diesem Link, um zur Übersicht bei ars mundi zu gelangen: Muttertag mit ars mundi



Muttertag bei ars mundi - Kunstvolle Geschenkideen

Samstag, 21. März 2015

Art-o-Gramm: Picasso - ein Garant für Top-Ranking

Picasso ist berühmt, berühmter, am berühmtesten – jeder Kunstliebhaber mit einer gesunden Portion Neugier fragt sich irgendwann, wie er eine solche Ausnahmestellung entwickeln konnte und vor allem – gut vier Jahrzehnte nach seinem Tod – kontinuierlich hält.


Platz 2 auf der wohl größten Rankingliste der Kunst, seit Jahren, unverrückbar. Einige der beteiligten Faktoren wurden in dieser Art-o-Gramm-Serie über den herausragenden Künstler bereits angesprochen, ein ganz entscheidender Aspekt fehlt aber noch: Wo immer ein Werk von Picasso auftaucht, legen sich die Top-Ranking-Listen aufnahmebereit nieder, werden Verkaufserfolge gefeiert, planen Kuratoren eine epochale Ausstellung – in den meisten der Fälle, wenn in der Kunst verglichen wird, ist Picasso oder “ein Picasso” ganz vorne mit dabei.


Der Meister der bedeutenden Ausstellungen


Schon die ersten Ausstellungen Picassos wurden von den Kunstkritikern beachtet und gelobt, auch in der Presse wurde Picassos Talent gefeiert.


Es war ein sehr junges Talent – die ersten Ausstellungen fanden um 1895 statt, kurz nachdem Picasso mit 14 Jahren auf der Kunstakademie aufgenommen worden war. Und eine durchaus mächtige Presse – diese Kunstakademie befand sich in Barcelona, zweitgrößte Stadt Spaniens und bedeutendes Kunstzentrum.


Picasso gab sich sehr schnell nicht mehr mit der Beachtung der spanischen Öffentlichkeit zufrieden, pünktlich zur Weltausstellung 1900 kam er in Paris an, für den Spanier das nächstgelegene Kunstzentrum mit Interesse für die Moderne. Picasso sollte sich von nun an häufig in Paris aufhalten, dort folgten bald die nächsten Ausstellungen, er lernte Künstler und Kunstinteressierte aus aller Welt kennen.


Picasso - Garant für ein Top Ranking

Picasso – Garant für ein Top Ranking


So konnte Picasso bald auch in London ausstellen, 1910 zum ersten Mal, 1912 wieder, zwischendurch auch wieder einmal in Paris, aber richtig los ging es für ihn in Deutschland: 1910 war er bei einer Ausstellung der Neuen Künstlervereinigung München in der Galerie Thannhauser dabei, 1912 bei einer Ausstellung des Sonderbundes in Köln, im “Sturm”, Herwarth Waldens Galerie in Berlin, und in der zweiten Ausstellung des Blauen Reiter in der München, in der Galerie Goltz. 1912 war er auch in Köln zu sehen, 1913 wieder in München, dann waren Deutschland und die anderen europäischen Kunstzentren erst einmal im Krieg.


Nach Übersee brauchte es in Picassos Frühzeit einige Anläufe, selbst in New York wurde die moderne Kunst Anfang des 20. Jahrhundert nur sehr zögerlich von einigen Individualisten akzeptiert.


Der europäische Kunstbetrieb, mit Deutschland als einem der Zentren, war damals sehr viel mehr an den zeitgenössischen Entwicklungen der Kunst interessiert als der gesamte Rest der Welt, die Weltkriege und die unstete Zeit zwischen den Kriegen bremsten die moderne Kunst in all ihren Erscheinungsformen nachdrücklich aus.


Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ging es wieder los mit der nun internationaler werdenden modernen Kunst: Zunächst in Italien, 1950 war Picasso auf der 25. Biennale in Venedig zu sehen, dann wieder in Deutschland, 1955 wurde Picasso zur documenta 1 in Kassel eingeladen und 1959 zur documenta 2.


Also zu den führenden Kunstereignissen, die die damalige Zeit zu bieten hatte, und so ging es weiter: 1960 war Picasso auf der 30. Biennale Venedig, 1964 auf der documenta 3, 1976 bei der 37. Biennale Venedig, 1977 auf der documenta 6, 1978 auf der 38. Biennale Venedig.


Picasso wird viel ausgestellt, seit langer Zeit und bis heute


Als Picassos Werke Ende der 1970er Jahre auf der Biennale und der documenta gefeiert wurden, war der Künstler bereits verstorben. Sein Werk begann jedoch gerade erst, seine Wirkung zu entfalten – gegenüber der Gesamtzahl der Ausstellungen, die bis heute seine Werke zeigen, hat Picasso zu Lebzeiten “nur ein paar Mal” ausgestellt.


In allen großen Datensammlungen über Kunstausstellungen werden für den Künstler Picasso gut 2.500 Ausstellungen verzeichnet, und das sind nur die bedeutenden Ausstellungen, in allen alten und neueren Zentren der zeitgenössischen Kunst, über die ganze Welt.


Picassos erste Ausstellungen fanden um 1895 statt, das sind bis heute einfach einmal 120 Jahre Ausstellungsgeschichte, da kommt schon einiges zusammen.


Bis heute werden Picassos Werke mit ungebrochener Begeisterung in aller Welt ausgestellt, sein 125. Geburtstag im Jahr 2006 wurde mit über 40 aufsehenerregenden Einzelausstellungen und um 140 großen Gruppenausstellungen gefeiert, 2011 (130. Geburtstag) waren es um 45 Einzelausstellungen und 125 Gruppenausstellungen, seitdem werden Ausstellungen mit dem Thema Picasso nicht unbedingt weniger.


Es gibt immer wieder Neues zu entdecken…


Dass Picasso-Ausstellungen nicht weniger werden, liegt an seiner Prominenz, aber auch an der Vielseitigkeit seines Kunstschaffens. So gab und gibt es Ausstellungen zu Picassos Gesamtwerk, zu seinem Frühwerk und zu seinem Spätwerk, und mit Kunstwerken, die Picasso in einer bestimmten Zeit seines Lebens, in einer bestimmten stilistisch abgrenzbaren Periode angefertigt hat. Gut 80 Jahre künstlerisches Schaffen, bei Picasso sehr eifriges künstlerisches Schaffen, stellen diesbezüglich eine Menge Varianten zur Verfügung:


Die Werk aus seiner Jugend, 1889–1897, die Werke aus den Jahren der ersten künstlerischen Orientierung, 1898–1901. Werke aus der Blaue Periode (1901–1904), aus der Rosa Periode (1904–1906) und aus der période nègre (1907–1908).


Picassos Kubismus, 1908 bis 1916, die Zeit der stilistischen Experimente von 1916 bis 1924, seine Auseinandersetzung mit dem Surrealismus 1925 bis 1936, sein Spätwerk nach 1945 – immer wieder eine ganz neue Kunst.


Außerdem gibt es noch ein paar weitere künstlerische Ausdrucksformen, mit denen sich Picasso beschäftigt hat: Bildhauerei und Druckgrafik, Literarische Werke und Bühnenbilder, Theaterkostüme und Keramikarbeiten und Luminografien (mit der Taschenlampe gemalte Lichtbilder).


So gibt es bei Picasso immer wieder etwas Neues zu entdecken, für die Ausstellungsmacher und für die, die sich die Ausstellungen ansehen.


Die Bandbreite von Picassos Werk ist unglaublich, die Vielfalt an Schwerpunktthemen, die die sich aus dieser Bandbreite zu einer Ausstellung gruppieren lassen, ist ebenfalls unglaublich:


Da geht es um…


  • ‘Kunst und Küche’

  • ‘Sculptors and Jewellery’

  • ‘Nackte’ (Picassos Akte) und ‘Picasso und Jacqueline’

  • ‘Nelson Rockefeller’s Picassos’

  • ‘Picasso & Matisse’

  • ‘Mythos Carmen’

  • ‘Geburt des Kubismus’

  • ‘Modern Times’

  • ‘von 1900 bis heute’

  • ‘Ewig Feminine’

  • ‘Minotaurus’

  • ‘Idyllische Glückseligkeit’

  • ‘gemalten Exorzismus’

  • ‘mediterrane Gefilde’

  • ‘Sieben Mal Lebensfreude’

  • ‘Sylvette’

  • ‘Frauenköpfe’

  • ‘Mysteries of Life’ (Mysterien des Lebens)

  • ‘Splendour of Line’ (die Pracht der Linie)

  • um einen Standpunkt gegen den Krieg und darum, dass Picasso die Dinge in anderer Art sieht…

Das waren nur 22 aus mindestens 2.200 verschiedenen Ausstellungsthemen, in der Variationsfreudigkeit aber sicher nicht untypisch (ebenso wenig wie die Tatsache, dass sich gut ein Viertel der Ausstellungs-Sujets um den Themenkreis “Picasso und Frauen” dreht).


Dann gibt es noch Ausstellungen anderer Künstler, die mit Picasso oder nach Picasso mit Bezug auf seine Kunstwerke gearbeitet haben. Wie z. B. die Ausstellung “Von Picasso bis Jasper Johns” über den großen belgischen Kunstdrucker Aldo Crommelynck und die Arbeit seines Ateliers.


Dieses legendäre Atelier hat Paris zu einer der wichtigsten Städte im Kunstdruck-Gewerk gemacht, auch mit Kunstdrucken von Picasso, der bei der Anfertigung mehrerer berühmter Kupferstiche mit Aldo Crommelynck zusammen gearbeitet hat.


So ist z.B. 1970 Picassos “Ecce Homo, d’Après Rembrandt” entstanden (anzusehen auf http://www.johnszoke.com/picasso/ecce-homo-dand39aprs-rembrandt), danach haben zahlreiche Künstler zusammen mit Crommelynck Kunstwerke erarbeitet, mit denen sie Picasso ihre Ehre erweisen wollten:


Gleich nach Picassos Tod entstanden “Artist and Model” von David Hockney (www.20minutos.es/fotos/artes/david-hockney-grabador-10245) und “Picasso’s Meninas” von Richard Hamilton (metaismurder.com/post/59070951/picassos-meninas-1973-works-deriving-from), all das ist gerade bis zum 8. März 2015 im Musée Soulages in Rodez (französische Region Midi-Pyrénées) zu besichtigen.


Geniales Marketing


Nein, damit sind nicht geniale Ergüsse kunstinteressierter Marketingexperten gemeint, die Ausstellungstitel wie ‘Pack’ die Sehnsucht beim Schwanz’, ‘Das Haar in der Kunst von der Antike bis Warhol’, ‘Diese Socken sind nicht Weiß’, ‘Die Liebe ist ein seltsames Spiel’, ‘Vom Küchendunst zur Tafelkunst’, ‘Nackte und Akte’, ‘Der späte Nachmittag eines Faun’, ‘Aus dem Gesicht in Linol geschnitten.’ oder ‘Die Aninmalischen Ebenbilder des Menschen’ generieren – sondern Picasso selbst.


Der nicht nur mit Titeln á la “Wie man Wünsche beim Schwanz packt” und vielen anderen Skurrilitäten solche Ergüsse initiiert hat, sondern sich auch auf dem Gebiet der Präsentation und Kommerzialisierung seiner Kunst als Meister beweisen sollte:


Picasso wusste sehr gut, dass selbst die größte Kunst sich nicht “irgendwie selbst verkauft”, und dass die meisten Käufer ohnehin den Künstler kaufen und nicht die Kunst.


Zu Beginn half Picasso die “German Connection” eines Daniel-Henry Kahnweiler, der Picasso in Berlin, München, Dresden und Köln zeigte, nur nicht in Paris, am Ort seines Schaffens.


Picasso lernte schnell und arbeitete an “seiner Marke”. Er umgab sich mit den richtigen Leuten und wusste den richtigen Leuten (mit einem Portrait) zu schmeicheln. Er setzte Provokation wenn nicht bewusst so doch unbekümmert ein, auf künstlerischem Gebiet und im Privatleben.


Er kannte die Kunst der Verknappung (exklusiver Vertrieb) und er kannte die wertsteigernde Wirkung von Signaturen.


Das Wort Marketing kannte Picasso zu Beginn seiner Karriere sicherlich nicht, aber er hat Marketing gemacht, nach allen Regeln der Kunst (des Marketings, nicht der Malkunst):


Marktanalyse


Zuerst macht er eine Marktanalyse, mit dem Ergebnis, dass er die herrschende akademische Tradition der Malerei als überholt erkennt und die Zeit für einen Aufbruch in die Moderne der Malerei gekommen sieht.


Die Antwort auf diese Marktanalyse ist der Kubismus, diese Antwort leitet eine Revolution ein, eine Revolution des Sehens und der Beziehung des Künstlers zu seiner Arbeit. Sie kommt aus entwickelter Könnerschaft und wird trotz eines zunächst sehr geringen Marktanteils mit gesunder Beharrlichkeit an die Öffentlichkeit gebracht. Picasso durchlebt hier das typische Schicksal aller Vordenker, die Kunstwelt der Jahrhundertwende ist noch nicht bereit für die Neuerungen, er arbeitet begeistert und produktiv, aber mitunter recht hungrig.


Wie so häufig folgte die Zeit irgendwann den avantgardistischen Ansätzen des Genies, in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich in den europäischen Metropolen gerade eine exklusive Schicht finanzstarker Sammler.


Gebildete Bürger, durch aufblühende Industrialisierung zu Einfluss, Macht und Geld gekommen, selbstbewusst, damit offen für Neues und investitionsbereit. Sie löste die traditionelle Schicht der Kunstkäufer aus Kirchenmännern, Adel und Staatsdienern ab und strukturierte den konservativen Kunstmarkt neu, innerhalb kurzer Zeit werden mehr hochrangige Werke moderner Kunst nachgefragt als angeboten.


Product Development


Bevor Picasso bei diesen Sammlern die ersten Erfolge verzeichnen kann, hat er ein betriebswirtschaftlich vorbildliches Product Development hingelegt: Er wollte Neues schaffen, und er eignete sich vorher die gesamte Schule der überkommenen Tradition an, weil er nicht blind, sondern kenntnisreich an die Erneuerung der Kunst gehen wollte.


Marktpositionierung


Picasso wurde sehr früh zum Meister der konventionellen Techniken und gewinnt Preise auf diesem Gebiet, bevor er sich an seine eigene Orientierung macht. Auch die Marktpositionierung erfolgt sehr bewusst: Picasso entscheidet sich, als freier Maler zu arbeiten, um sich abseits der “abgegrasten Weiden der Akademie” einen Namen zu machen.


Benchmarking


Picasso führt ein passgenaues Benchmarking durch: Er orientiert sich nicht einmal an den Werken der Traditionalisten, als er noch lernt, ihre Malkunst zu beherrschen. Sehr früh blickt Picasso auf die neu denkenden und malenden Meister der frühen Moderne, die kurz vor ihm oder neben ihm arbeiten:


Camille Pissarro und Edgar Degas, Paul Cézanne, Edvard Munch und Henri de Toulouse-Lautrec; sie werden analysiert und kopiert, bis Picasso sie perfekt imitieren kann und vom Schaffen der „me-too-Produkte“ in die Prägung der seiner Marke übergeht.


Brand Name Development


Seine Signatur schreibt eine eigene kleine Geschichte des “Brand Name Developments”: Am Beginn seiner Karriere, als er den künstlerischen Einfluss seines Vaters José Ruiz Blasco noch anerkennt, signiert der 13-jährige Picasso unter zartem Hinweis auf die eigene Person mit dessen Familiennamen, als “P. Ruiz”.


Mit den ersten Erfolgen strebt er nach Individualität und benutzt dazu den Namen der Mutter, den Familiennamen, der “künstlerisch frei ist”, die Signatur wird zu “P. Ruiz Picasso“. Mit einer interessanten Besonderheit: Diese Signatur wird unterstrichen und zwischen zwei Gedankenstriche gesetzt. Wenn wir annehmen, dass der junge Picasso seine Grammatik gelernt hat und Schriftauszeichnung wie rhetorisches Stilmittel Parenthese bewusst einzusetzen wusste, wollte er dem Betrachter damit sagen: “Ich bin im Kommen, ich werde gerade zur selbständigen Einheit innerhalb des großen Ganzen”.


Um 1900 wird Picasso unter den Montmartre-Künstlern selbstbewusster, fügt sich aber auch zufriedener in sein Umfeld ein – bei der Signatur “P. R. Picasso” fallen Unterstrich und Gedankenstriche weg, er benötigt inzwischen weder die Betonung noch den abgrenzenden Einschub.


Bald braucht er auch keine Initialen mehr; als er um 1901 von der herausragenden Qualität seiner Malerei überzeugt ist, signiert er erstmals nur mit “-Picasso-“; die Parenthese kann der Verdichtung des Namens zum Begriff oder dem Herausstellen außerordentlicher Qualität geschuldet sein. Sie verschwindet schnell, kurz darauf überrascht Picasso den Kunstmarkt mit den ersten Gemälden der „Blauen Periode“, in seinem eigenen und nicht zu verwechselnden Stil. Nun ist er bereit zur “Geburt seiner Marke”, er signiert nur noch mit “Picasso”.


Network Marketing


Network Marketing fehlt natürlich auch nicht. Picasso ist ein begabter Netzwerker, sein Beziehungsgeflecht umfasst neben Kollegen und gebildeten, wissensvermittelnden Freunden auch Sammler und Kunsthändler, Galeristen und Kritiker.


Product Innovation


Product Innovation und Product Innovation, sinnvolle Entwicklung und zeitgemäße Erneuerung des Produkts?

Ja, ständig, mit der ganzen gerade oben unter “Es gibt immer wieder Neues zu entdecken” aufgezeigten Vielseitigkeit.


Wer etwas herstellt, dass andere haben wollen – und im Gegensatz zu vielen Produkten des heutigen Konsumgüter-Massenmarkts auch noch haben wollen, nachdem sie es gekauft haben – macht sich wirklich Gedanken um sein Produkt. Product Development und Product Innovation erledigen sich bei jedem, der auf seinem Gebiet profunde Kenntnisse erworben hat und laufend weiter erwirbt, ganz von selbst.


So auch bei Picasso, er muss sich weder die Rundungen eines Geräte-Gehäuses noch menschliche Gesten zum Betrieb eines Touchscreens noch das Saatgut einer Pflanze patentieren lassen, wie es heutzutage üblich ist. Und er muss solche künstlich geschaffenen Differenzierungen bzw. Aneignungen der Natur auch nicht nutzen, um Konkurrenten mittels Justiz plattzumachen, er ist einfach selbst und wirklich innovativ.


Category Positioning


“Category Positioning” (Marke in der richtigen Kategorie positionieren) wäre das nächste Stichwort für den erfolgsorientierten Marketingstrategen. Ein solcher Marketingstratege verrät uns im Internet den Zweck des Ganzen:


“Kategorien sollen die Grundlage eines wettbewerbsorientierten Positionierungsansatzes sein, weil sie das Ziel implizieren, das der Verbraucher durch Verwendung einer Marke erreicht. Wenn Verbraucher darüber informiert werden, dass eine Marke zur Kategorie Wein gehört, wird ihnen damit zugleich verraten, welchen Zweck diese Marke hat: Die Nutzung einer Marke der Kategorie Wein z. B. verstärkt die Freude an einem eleganten Mal und sie fördert die sozialen Beziehungen. Wenn dem Verbraucher die Kategorie der Marke bekannt ist, kann er die neue Marke schnell mit dem Ziel verbinden, das er durch Verwendung anderer Marken der Kategorie erreicht hat. Marken müssen kategorisiert werden, sonst versteht der Verbraucher nicht, warum er sie nutzen soll.”


Der Wein “Burgunder” ruft also beim Verbraucher die Assoziation hervor, zu sozialem Kontakt eingeladen zu werden; und ein Wein muss in der Kategorie Wein positioniert werden, weil der “beschränkte Verbraucher” es unmöglich alleine bis zum “Wein öffnen und trinken” bringt?


Abgesehen davon, dass der Wein “Burgunder” beim kochenden Verbraucher vielleicht eher die Assoziation “Boeuf Bourguignon” oder “Coq au Vin” hervorruft, trägt diese (eigentlich sehr viel längere) Erklärung der Notwendigkeit von Kategorisierung neuer Produkte die Rechtfertigung für die Existenz des Marketings in sich: Marketing wird gebraucht, wenn der Verbraucher ohne Marketing nicht weiß, warum er ein Produkt kaufen soll.


Braucht Picasso nicht, seine Kunstwerke (Produkte) beweisen selbst ihren Sinn, Picasso schafft wirkliche Innovationen und nicht die tausendste Variante eines Marken-Artikels mit von vorneherein zweifelhaftem Nutzwert.


Distribution Strategy


Für diese Innovationen sucht er sich den aufgeschlossensten Markt, unter Nutzung der oben angesprochenen “German Connection”. Picasso und Co-Innovator Georges Braque ersinnen zusammen mit Kahnweiler eine meisterhafte Distribution Strategy (Vertriebsstrategie): Der junge, noch nicht ins Pariser Kunstmarktgespinst verstrickte Kahnweiler bekommt einem Exklusivvertrag und bietet die Avantgarde-Werke exklusiv an, im Ausland, in europäischen und amerikanischen Kunstmetropolen, dort werden Picasso und Braque nun ganz schnell berühmt. Mit der Marke “Kubismus”, die die Marken “Picasso” und “Braque” vorbildlich transportiert.


Pricing Strategy


Für die Pricing Strategy (Preisstrategie) ist Kahnweiler zuständig, er setzt für Picasso-Gemälde viermal höhere Preise als für Braque-Formate fest und macht die ungewohnten kubistischen Bilder durch eine rigorose Angebotsverknappung zu etwas ganz Besonderem – es dauert nicht lange, bis Picasso die Spitze der Avantgarde erobert.


Line Extension & Change Management


Dort setzt er sich nun (um 1920) unverrückbar fest, unter Beachtung sämtlicher moderner Marketinginstrumente: Line Extension (Erweiterung der Produktlinie, Picasso macht Bühnenbilder und Keramik und Grafik …) und Change Management (Veränderungsmanagement, ganz marketingunabhängig, Picasso entwickelt sich einfach permanent weiter).


Public Relations


Und Public Relations natürlich, Picasso pflegt sein Image als Ausnahme-Genie des Jahrhunderts fleißig, mit aufregenden Geschichten nicht nur rund um Frauen-Bekanntschaften, sondern (im scheinbar gerade so hochmodernen Sinne) auch mittels politischem und gesellschaftlichem Engagement. Durchaus nicht immer mit Blick auf die Außenwirkung, auch indem er “einfach nur lebt”, er lebt eben etwas anders als die Allgemeinheit.


Auf Picassos Erfolgsgeschichte geballte Marketing-Teminologie abzufeuern, ist ein beliebtes Spiel – aus dem die Autorin genau dort aussteigt, wo seine Frauen (Geschäftsfeld “Mergers & Acquisitions”) zu Mitgesellschaftern werden.


Man kann jedes Blinzeln nach den Gesetzen des Marktes bewerten, man kann es auch lassen – einfach leben und Kunst machen, konzentriert arbeitend. Kunst, die von Anfang bis Mitte des Jahrhunderts eine Wertsteigerung von 1.000.000 % erfährt (50,- auf 500.000,- Franken) und bis heute noch einmal 10.000 % (500.000,- auf 50 Millionen Franken) zugelegt hat.


Picassos wohl nicht immer zielbewusst eingesetztes Marketing zahlte sich auf jeden Fall wunderbar aus, spätestens seit Anfang der 1920er Jahre hatte Picasso in der europäischen Kunstwelt einen Spitzenplatz erobert. Weltruhm zeichnete ihn spätestens 1939/1940, als ihm das Museum of Modern Art in New York City eine erfolgreiche Retrospektive widmete, die ihn nun auch in Amerika beim letzten zeitgenössischen Kunstkritiker und beim letzten weit abseits des Kulturgeschehens arbeitenden Künstlerkollegen nachdrücklich bekannt machte.


Bleibender Weltruhm und finanziell mehr als lohnender Weltruhm, wie Sie im “Art-o-Gramm: Picasso heute” erfahren werden. Wie Sie Werke Picassos für sehr wenig Geld oder sogar ganz umsonst betrachten und besitzen können, erfahren Sie dort ebenfalls, um sein Leben und seine Entwicklung geht es in “Art-o-Gramm: Picasso – Ein langes Leben für die Kunst”, “Art-o-Gramm: Picasso – zum Künstler geboren” und “Art-o-Gramm: Picasso – ein Künstler und drei Kriege”.


Eher nicht finanzielle Aspekte der Legendenbildung um den großen Künstler werden im Artikel “Art-o-Gramm: Picasso – Berühmte Kunst und ihr Geheimnis” angesprochen, mitunter zur Legendenzerstörung genutzte Aspekte im “Art-o-Gramm: Picasso – Der Künstler, das Leben und die Liebe”.



Art-o-Gramm: Picasso - ein Garant für Top-Ranking

Sonntag, 8. Februar 2015

Art Brut - Die "rohe" Kunst

Bedeutung und Herkunft



Outsider Künstler Markus Meurer am 16.9.2014 in der Halle Saint-Pierre, Paris
Foto von Leonhardus30 [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons[/caption]

Die Bezeichnung Art Brut geht auf den französischen Künstler (Maler, Weinhändler, Bildhauer) Jean Dubuffet zurück. Sie beschreibt die autodidaktische und ursprüngliche Kunst von Menschen mit geistiger Behinderung, Laien oder Kindern.


Diese Kunstrichtung wird auch gelegentlich als “Outsider Art” bezeichnet. Auch Charity Art hört man in diesem Zusammenhang des öfteren. Zu den Urhebern von Art Brut, deren Werke abseits des etablierten Kunstsystems entstanden sind, zählen sowohl Menschen mit psychischer Erkrankung oder mehrfacher Behinderung als auch Medien, Gefangene, Außenseiter oder einfach gesellschaftlich Unangepasste.


Diese „unverbildete, rohe“ Kunstströmung wurde 1945 begründet, und sieht sich abseits von etablierten Kunstströmungen oder Kunstformen.


Art Brut ist demnach frei von akademisch-künstlerischer Schulung und entsteht aus einem inneren Ausdrucksbedürfnis, dem der kreativ tätige Mensch in unterschiedlicher Weise nachkommt und somit einen Teil seines Innersten in künstlerischer Weise sichtbar machen kann. Der Autodidakt arbeitet in erster Linie für sich selbst und nicht für ein Publikum. Auch kommerzielle Erwägungen spielen in den allermeisten Fällen keine Rolle.


Die Bezeichnung „Art Brut“ hat sich mittlerweile international durchgesetzt und einen großen Beitrag zu Anerkennung marginalisierter Kunst (Kunst von Bevölkerungsgruppen oder sozialen Gruppierungen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden und somit nur bedingt am kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Leben teilnehmen können) geleistet.


Art Brut - Begriffliche Abgrenzung

Art Brut – Begriffliche Abgrenzung
basierend auf der Vorlage der Galerie KoKo unter galerie-koko.de/galerie-art-brut.htm


Die kulturelle Anerkennung für Art Brut steigt


Durch verschiedene Ausstellungen (z.B. Wanderausstellung Outsiders) hat Art Brut stark an kultureller Anerkennung gewonnen und findet Aufmerksamkeit in der erfolgreichen Förderung künstlerischer Arbeiten zu therapeutischen Zwecken.


Auch ein eigenes Segment des Kunsthandels spezialisiert sich mittlerweile bei internationalen Messen (z.B. die KunstKöln oder die New Yorker Outsider Art Fair) auf die autodidaktische, unverbildete Kunst.


Mehr Informationen und Hintergründe zur Art Brut Ausstellung auf der KunstKöln erfahren Sie in diesem Artikel der WELT: Die WELT – Spektakuläre Art Brut auf der “KunstKöln”


Ein weiterer Meilenstein der “Outsider Art” (“Außenseiter-Kunst”, im anglo-amerikanischen Sprachraum gebräuchlich) ist der EUWARD – Europäischer Kunstpreis Malerei und Graphik für Künstler mit geistiger Behinderung”, den es seit dem Jahre 2000 gibt. Mehr Infos dazu auf der offiziellen Homepage des EUWARD.


Eine Auswahl an Werken


Adolf Wölfli

Adolf Wölfli’s Irrenanstalt Band-Hain, 1910


“Ventana y camino” – Acrylgemälde der mexikanischen Malerin Susana Noriega (2009)
von Susana Noriega [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Bruno Montpied, Ohne Titel, 1977

Bruno Montpied, Ohne Titel, 1977
von Bruno Montpied [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Farbstiftzeichnung von Adam Dario Keel, Rebstein

Farbstiftzeichnung von Adam Dario Keel, Rebstein
von Adam Keel (Pressebild des Künstlers) [CC BY 2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.5)], via Wikimedia Commons


Ivan Summersky - Vampire (2014)

Ivan Summersky – Vampire (2014)
von Ivan Summersky [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons


Art Brut Werk, von einem an paranoider Schizophrenie leidenden Menschen gemalt

Art Brut Werk, von einem an paranoider Schizophrenie leidenden Menschen gemalt
von Thomas.ZAPATA [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons


von einem Schizophreniepatienten bestickter Stoff, Glore Psychiatric Museum

von einem Schizophreniepatienten bestickter Stoff, Glore Psychiatric Museum
von cometstarmoon [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons


, via Wikimedia Commons

Informative Videobeiträge zum Thema


Die Ausstellung WELTENWANDLER. DIE KUNST DER OUTSIDER widmete sich der Produktion von Kunst entlang und jenseits der Grenzen des Gewohnten:



Unter dem programmatischen Titel “gugginger irritationen I” fand im Juni 2008 erstmals das von Standortmanagerin Nina Katschnig, Michael Martinek und seinem Musiklabel fabrique records gemeinsam mit dem Künstlerduo marshall!yeti initiierte Musik- und Kunst-Festival im Art / Brut Center Gugging statt, das mit über 700 begeisterten Besuchern erfolgreich startete:



Eine Sammlung Art Brut Kunstwerke von Menschen, die an Schizophrenie litten (aus den Büchern “Outsider Art: Spontaneous Alternatives” und “Beyond Reason: Art and Psychosis”):



Weiterführende Anlaufstellen zu Art Brut:


Nachfolgend ein kleiner Überblick zu verschiedenen Anlaufstellen, die Ihnen die Welt des Art Brut näherbringen:


Museum „Collection de l’art brut“ in Lausanne


Das außergewöhnliche Museum Collection de l’Art Brut stellt Werke von (fast) ganz normalen Menschen, keinen „Künstlern“, aus. Die Ausdrucksweise dieser Bilder ist oft unheimlich und intensiv – Durch kurze Erklärungen neben den Bildern wird dem Betrachter der Hintergrund sowie die Geschichte des Urhebers (meist psychisch erkrankte Menschen) nahe gebracht.


Weblink: http://www.artbrut.ch/fr/21070/collection-art-brut-lausanne


Zeitschrift „Raw Vision


Die englischsprachige Kunstzeitschrift Raw Vision widmet sich als einzige Zeitschrift weltweit der Art Brut (Outsider Art). Die von John Maizels herausgegebene Zeitung wurde im Jahre 1998 als beste Kunstzeitschrift ausgezeichnet.

In den einzelnen Ausgaben werden Informationen zum Thema Outsider Art (Ausstellungstermine, Tagungsberichte, und Ausstellungskritiken) veröffentlicht und neue Künstler vorgestellt.


Weblink: http://rawvision.com


Galerie arte nuova


Die Galerie Arte Nuova in der Schweiz hat sich auf Art Brut spezialisiert und Sammlungen diverser Künstler angelegt.


Weblink: http://www.artenuova.ch/


Galerie KoKo


Die Galerie KoKo in Wien widmet sich schwerpunktmäßig Art Brut. Sie bietet Räume für Ausstellungen, Vernissagen, Ausstellungen und Geschäftsessen.


Weblink: http://www.galerie-koko.de


Kunsthaus Kannen


Das Kunsthaus Kannenin Münster ist ein Museum für Outsider Art und Art Brut, mit Galerien, Kunst-Projekten und Ateliers. Als integrative Begegnungsstätte ermöglicht es der Öffentlichkeit, die Außenseiter Kunst zu entdecken.


Weblink: http://www.kunsthaus-kannen.de/


Kunst von Innen – Art Brut in Austria (Buchtipp)


Kunst von Innen – bringt die Kunst behinderter Menschen einem internationalen Publikum nahe und setzt sich mit Österreichs „Art Brut-Szene“ auseinander.


Weblink: shop.verlagholzhausen.at


Literatur und Buchempfehlungen:




Art Brut - Die "rohe" Kunst

Mittwoch, 28. Januar 2015

Erwin Wurm - auf Kunstauktionen ein Gewinner

Im Moment sind Auktionshäuser und Kunstauktionen in aller Munde, und damit interessieren sich auch immer mehr Kunstkäufer und Kunstliebhaber für die Mechanismen, die die Werke eines bestimmten Künstlers auf Kunstauktionen besonders erfolgreich und besonders teuer machen. Die Menschen, die eher Neugier und Leidenschaft als kaufmännisches Interesse mit Kunst verbinden, können Kunst allerdings auch ohne ein derartiges Wissen genießen.


Aber in jedem von uns steckt wohl ein kleiner Zocker, und auch wer Kunst kauft, weil er Kunst liebt, hat nichts dagegen, dass ein von ihm erworbenes Kunstwerk im Laufe der Zeit erheblich an Wert zulegt. Die gerade neu aufkommenden Anleger, die ihr Geld sicherer in Kunst als in Aktien aufbewahrt vermuten, müssen natürlich versuchen, dem Geheimnis der hohen Preise näher zu kommen. In diesem Zusammenhang ist es auf jeden Fall interessant, sich die Künstler einmal näher anzusehen, die auf den weltführenden Auktionen so richtig hoch gehandelt werden. Erwin Wurm gehört seit einigen Jahren zu diesen Künstlern, hier ein Überblick über sein Leben und sein Werk:


Erwin Wurm – Leben und Werk


Der österreichische Kunstschaffende wurde am 27.07.1954 in Bruck an der Mur geboren, der Bezirkshauptstadt der Steiermark. Bruck an der Mur ist mit rund 12.500 Einwohnern ein recht beschaulicher Ort, der dem jungen Erwin Wurm außer Kammermusiksaal, Heimatmuseum und Singkreis nicht viele künstlerische Anregungen bieten konnte, auch sein Vater, ein Kriminalbeamter, soll nicht begeistert gewesen sein, als sich sein Sohn an Kunst als Beruf interessiert zeigte.


Porträt des Künstlers Erwin Wurm (2012)

Porträt des Künstlers Erwin Wurm (2012)
von Manfred Kuzel [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Auf jeden Fall strebte auch der junge Wurm zunächst die Beamtenposition an, er studierte zuerst Kunstgeschichte und Germanistik im benachbarten Graz. Dann wechselte er jedoch ans Mozarteum Salzburg, wo er von 1977 bis 1979 ein Studium der Kunst- und Werkerziehung studierte, und von Salzburg führte ihn sein Weg nach Wien, an die Hochschule für angewandte Kunst und die Akademie der bildenden Künste. Er lernt bis 1982 Gestaltungslehre im Bereich Bildhauerei bei Bazon Brock, je nach Zeitpunkt seiner Matura hat er damit eine achtjährige bis zehnjährige künstlerische Ausbildung hinter sich.


Wurm beginnt sein künstlerisches Werk Anfang der 1980er Jahre mit Skulpturen aus Blech und aus Holz und mit allerlei künstlerisch verfremdeten Alltagsgegenständen, die vom Umgestalter mit Blei und/oder Farbe überzogen wurden. Im Laufe der Zeit wird sein Begriff der Skulptur freier, er verzichtet zunehmend mehr auf festes Material und Stabilität.


Diese erarbeitete Erweiterung des Begriffs der Skulptur verkörpert sich (oder verkörpert sich eben gerade nicht) z. B. in einer Reihe von “Staubobjekten” (ganz kurz: Vierrecke mit bestaubten Flächen). In den nunmehr über drei Jahrzehnten seines Schaffens erkundet Erwin Wurm mit unzähligen weiteren phantasievollen Ideen die Grenzen, die Skulpturen von Aktionen und Aktionen von Performances trennen oder eben gerade nicht trennen.


Wurms selbsterschaffener Skulpturbegriff wird nach einer entscheidenden Lebenskrise zu seinem vorläufigen Höhepunkt entwickelt. Wurm verliert innerhalb eines Jahres alle engen Angehörigen, die Eltern sterben beide, die Frau verlässt ihn und nimmt beide Söhne mit. Er äußert sich dazu in den 1990er Jahren in einer Reihe von “One Minute Sculptures”, in denen er Ausstellungsbesucher zusammen mit alltäglichen Gegenständen in der Ausstellung posieren lässt, sie werden so zu einem Teil einer nur kurze Zeit bestehenden und nur durch eine Fotografie dokumentierten Skulptur.



Wie viele berühmte Künstler ist Erwin Wurm an die Stätte seiner Ausbildung zurückgekehrt, er wirkte seit 2002 an der Universität für Angewandte Kunst Wien als Professor für Bildhauerei, Plastik und Multimedia-Kunst. Inzwischen nicht mehr, wie Wurm selbst angibt, sei er mit dem Leben und der Arbeit in Wien und New York zu beschäftigt, um die Studenten angemessen lehren zu können.


Wie und wo kam der “Durchbruch” für Erwin Wurm?


Wenn man Erwin Wurm selbst fragt, gibt es einen solchen Durchbruch eigentlich nicht, er könne schon seit vielen Jahren von seiner Kunst leben. Tatsächlich wird Wurm bereits 1982 zur ersten Gruppenausstellung geladen und hat in dieser Galerie (Galerie nächst St. Stephan) 1984 seine erste Einzelausstellung, und seitdem erhöht sich die Zahl seiner Ausstellungspräsenzen Jahr für Jahr und ziemlich gleichmäßig. Auf sehr sympathische Art erklärt Wurm selbst seinen Erfolg: Andauernder künstlerischer Erfolg könne nur gelingen, wenn die Arbeiten ein Element in sich bergen, das nicht nur eine Generation, sondern auch die nächste fasziniert.


“Am besten, man denkt gar nicht erst darüber nach”, sagt er auch, und “ich mache mir keine Illusionen, morgen kann auch bei mir wieder alles vorbei sein.” (http://derstandard.at/1304553594599/Bildhauer-mit-Office-Die-Kunst-des-konstanten-Erfolgs), und das ist wohl schon eher auf das gemünzt, was gemeinhin unter “Durchbruch” verstanden wird, nämlich eine Zeit eines eher unerwarteten und erstaunlichen finanziellen Erfolgs.



Wie dieser Durchbruch den Künstler Erwin Wurm ereilte, lässt sich nicht ganz genau festmachen, auf jeden Fall wurde er durch seine “One Minute Sculptures” über die speziell interessierten Kunstkreise hinaus in der Öffentlichkeit bekannt.


Sicher hat dazu beigetragen, dass diese “One Minute Sculptures” ins Video der Popgruppe Red Hot Chili Peppers zur Single „Can’t Stop“ 2003 Eingang fanden und auch Erschaffer und Inspirationsquelle Erwin Wurm im Video erwähnt wurde. Sicher spielt aber auch das Vergnügen eine Rolle, das die Besucher bei seinen Ausstellungen erwartet, auch dieser Erlebnischarakter seiner Arbeiten hat sich inzwischen herumgesprochen:


Erwin Wurm – Heute weltweit bekannt für interessante und amüsante Ausstellungen


Vielleicht begann sich die Kunde vom skurrilen Humor, der Wurms Arbeiten häufig anhaftet, mit der 2006er Ausstellung des MUMOK (Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig) im MuseumsQuartier in Wien zu verbreiten. In der Ausstellung “Keep a cool Head” war passend zu diesem Titel auf dem Dach des Museums die “House Attack” zu sehen, ein schräg und verkehrt herum angebrachtes Einfamilienhaus, damals noch in Originalgröße, was durchaus für einige Aufregung sorgte.



2009 war z. B. Wurms Ausstellung “Desperate Philosophers” in der Xavier Hufkens Galerie in Brüssel zu sehen, mit einem Philosophen ohne Kopf namens “Suit” und so philosophischen Werken wie dem “Melting House I”, dem schmelzenden Haus (was es auch tut) und dem “Big Gulp”, der auch wirklich wie ein großer Gulp aussieht.


2010 stellte Wurm einen weiteren Philosophen ohne Kopf namens Cajetan und andere ebenso zurückhaltend gestaltete wie hintergründige Werke im Münchner Lenbachhaus (Städtische Galerie) aus. Im Kunstmuseum Bonn gibt es Werke von 2007 bis 2009 zu sehen, mit bezeichnenden Titeln wie “Do not have doubts” oder im Ganzen bezeichnend wie das Modell seines Elternhauses, nunmehr auf etwa ein Sechstel der Größe längsgeschrumpft.


Haus auf dem MUMOK

Haus auf dem MUMOK
von stopmangohome [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons


Noch im gleichen Jahr war Wurm mit ähnlichen und völlig neuartigen Werken wie dem “Selbstporträt als Essiggurkerl” oder dem zu den Philosophen gehörenden “Telekinetischen Masturbator” auch in Groningen (Niederlande), Florenz, Salzburg, New York und Peking zu sehen.


2011 ging es weiter mit kopflosen Figuren in der Galerie Thaddaeus Ropac in Paris, mit Klappbetten-Installationen in der Ausstellung “I am Erwin Wurm” (und genau diesem Schriftzug als ausgestelltes Kunstwerk) nach Kopenhagen, mit neuen “Selbstportrait als Essiggurken” und neuen “Narrow Houses” nach Odense (ebenfalls Dänemark) und Dornbirn (Österreich) und vielen geheimnisvollen Möbelstücken nach Wien (“Schöner Wohnen”). Ein “Narrow House” von Wurm war anschließend auf der 54. Biennale von Venedig zu bewundern, effektvoll an einem der Kanäle im Freien präsentiert.


Spätestens als Erwin Wurm nach der Biennale im Gemeentemuseum Den Haag wunderschöne und ziemlich anrührende Figuren (“Small Psychos Groups”) zeigt, wird er von den Kritikern als einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler begrüßt. Viel Erfolg hat auch sein im belgischen Middelheimmuseum Antwerpen ausgestelltes “Fat House”, das wirklich richtig fett aussieht, jeder denkt unwillkürlich an den dicken, vielgehänselten Jungen in seiner Schulklasse.


Es sollen noch einige „Fat“-Skulpturen folgen, in denen werden all die kleinbürgerlichen Statussymbole “verfettet” bzw. aufgebläht, die den Wohlstandsbauch von einst abgelöst haben: Vor allem verschiedenste Sportwagen und Einfamilienhäuser, manchmal aber auch immer noch unglaublich aufgeblähte Männer (bei deren Betrachtung wohl die meisten Menschen an Börsenmakler denken).


2012 gibt es mehr “Gulps”, aber wie ein Gulp sehen sie alle aus, “Knitted walls”, die eben gestrickt an der Wand hängen, zauberhafte “Kästchen” und ziemlich verbogene “Drinking Sculptures” (“Beauty Business” im Bass Museum of Art, Miami Beach, USA), all diese sind auch in Dallas zu sehen, in Malaga sind dann viele neue Köstlichkeiten zu sehen, unter anderem verschiedenste Entwürfe rund um das Thema “Narrow House”.


Bis Ende Januar 2013 war Wurm im Vitra Design Museum in Weil am Rhein zu sehen, mit einer neuen Installation und zwei “Melting Houses”, die aber echt schon ziemlich weit geschmolzen sind – wie es aussieht, ist er jedoch bei den Ideen wirklich nicht auf schmelzende Häuser angewiesen.


Jetzt möchten Sie, dass Ihnen die Autorin endlich richtig erklärt, was Erwin Wurm für eine Kunst macht? Verzeihen Sie, aber den T … werde ich tun, zunächst einmal natürlich aus reinem Unvermögen und dann auch noch aus purem Respekt vor dem Künstler.


Skulpturengruppe

Skulpturengruppe “Gurken” von Erwin Wurm (Furtwänglerpark, Salzburg)
Foto von Andreas Praefcke [CC BY 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons


Eine Menge Ideen hätte ich schon, um deren Umsetzung ich ihn bitten würde, wenn ich mich trauen würde … vielleicht einen der vielen so furchtbar ungeschickt gekleideten Politiker als “Melting Politician”, einen wegen der Steuer nach Russland ausgewanderten Mimen als „Fat Freaky God“, den Richter eines süddeutschen OLG’s als kopfsuchenden Philosophen oder den Vorstand eines örtlichen Vereines als „Narrow Mind“ … ich bin sicher, auch Ihnen drängen sich sofort einige Ideen auf.


Auf jeden Fall ist Erwin Wurm wohl ein recht gutes Beispiel für die Künstler, deren Werke man ruhig etwas länger und umfassender betrachten sollte, weil der Blick vielleicht nicht sofort die ganze Phantasie, den ganzen Humor, die ganze Skurrilität oder den ganzen Zynismus erfasst – irgendwann tut er das aber, und irgendwann versteht man immer besser, warum Erwin Wurm gerade den österreichischen Staatspreis bekommen hat, warum er auf der Rankingliste der “käuflichen Kunst” inzwischen auf Platz 30 vorgerückt ist und warum die Mehrzahl der Kritiker ihn unter die 20 bedeutendsten Künstlern weltweit einreiht.


Wenn Sie gerade wieder reihenweise Kommentare irgendwelcher Kleingeister gelesen haben, die meinen, sowas wie Wurm könne auch ihre kleine Nichte (die übrigens nie die Chance dazu bekommen wird, Kleingeister lassen ihre Kinder keine Kunst machen): Schauen Sie sich Erwin Wurm selbst an und machen Sie sich selbst ein Bild.



Erwin Wurm - auf Kunstauktionen ein Gewinner